Mittwoch, 20. April 2011



Warum auch immer, vielleicht wegen der Diskussion um das Lammrezept für Ostern, sind meine Eltern und ich auf unseren Tunesienaufenthalt 1976 zu sprechen gekommen. Ich war   9 Jahre, die Reichsbrücke stürzte ein (möglicherweise, weil die Kreisch-Anni zu laut geschrien hatte*) und Niki Lauda hatte seinen schweren Unfall am Nürburg-Ring in diesem Sommer.  Mein Papa war schon seit Monaten in Tunesien arbeiten und wir, meine Mutter, mein kleiner Bruder Horst und ich, flogen  gleich am 1. Ferientag nach.



Herrlich. Im Flugzeug saß ich zwischen der österreichischen Schiedsrichterlegende Erich Linemayer und einem deutsch sprechenden Araber im cremeweißen Kaftan, der mir erklärte, dass die Araber von rechts nach links lesen. Herr Linemayer erklärte mir die Welt von oben. Ich kam mir erwachsen vor. Meine Mama saß mit meinem Bruder fünf Reihen hinter mir.

Aber um nicht abzuschweifen, dieser Aufenthalt war prägend für meine Liebe fürs Essen, für  orientalische Gewürze und vor allem für die Neugierde, Neues auszuprobieren. Dieses Alter ist scheinbar unglaublich gut, um sich Eindrücke aller Sinne gut zu merken. Ich kann mich an viele Geschmackseindrücke, den Geruch von echtem Jasmin, Rosenwasser, Henna und vieles mehr  erinnern.
Eine andere Erinnerung sind die herrlichen Briks - zarte, knusprige, dreieckige Teigtaschen gefüllt mit Ei und Petersilie. Immer wieder denke ich an dieses knusprige Geschmackserlebnis mit dem weichen (!)  Ei als Fülle, das mir damals über die Finger und auf mein weißes Sommerkleid lief. Doch seltsamerweise hatte ich bis jetzt nicht daran gedacht, sie selber auszuprobieren. Gestern auf der Suche nach arabischen Salzzitronen, Sumach und Phylloteig nahm ich einen türkischen Supermarkt in Augenschein. Der Teig den ich kaufte, war ein zarter Yufka-Teig. Dazu entdeckte ich auch Böreks, knusprige, gefüllte Teigrollen in Zigarrenform, die ich auch schon immer einmal zubereiten wollte.


Was mich von der Zubereitung der Briks wohl bislang auch abhielt, ist meine Abneigung gegen Frittieren. Doch heute übersprang ich meine diese Hemmschwelle. Also mein erster Frittierversuch: das Fett war gleich einmal zu heiß und stank. Also weg damit. Ein neues musste her, schnell nochmal ins Geschäft laufen und neues kaufen. Mein zweiter Versuch war aufregend und mein Mann musste noch helfen und die Teigränder halten, damit das Ei nicht davon floss. Der 3. Versuch war aber bereits gar nicht so schlecht. 




Bis meine Eltern zum Essen kamen, gab es eine Versuchsreihe:  erstes Brik köstlich - nur das Ei zu fest, 2. Brik -Fett heiß genug, Teig bräunt extrem schnell, Eiweiß flüssig - aber  ich mag kein schlitziges Eiweiß. Also vor dem Servieren aßen wir bereits 5 Briks im Stehen. Für die richtige Nährstoffrelation gab es dazu Pflücksalat aus dem Garten. Dann kamen meine Eltern. Bis mein Papa die für mich richtige Konsistenz vom Ei im Brik bekam, musste er 4 (!) Stück essen – dann erst war ich zufrieden. Und damit auch er nach dem 4. so richtig glücklich war, wendete ich einen einfachen Trick an: ich bestreute das Ei mit seinem höllisch-scharfen Chilipulver. 

Es wirkte: seine Augen glänzten beim Essen und der flüssige Eidotter rannte ihm über die Finger - ganz so wie ich das in Erinnerung hatte.

*aus Hotel New Hampshire, John Irwing , Diogenes 1982

4 Kommentare:

  1. es war ein lustiges Essen mit viel Erinnerungen an die Zeit in Tunis.

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  2. ja papa, fand ich auch, es hat mir großen Spaß gemacht :-))

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  3. Muss ich unbedingt ausprobieren! Schaut köstlich aus. Leider hab ich keine Erinnerung an die Tunesien Zeit. War ja noch zu klein :-)) .Bruderherz

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  4. wunderschöne Bilder :)

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